00:00:03: Alle reden vom Klimawandel, von Klimazielen und der Energiewende.
00:00:08: Im April ging das letzte Atomkraftwerk in Deutschland vom Netz,
00:00:11: aber damit wir unseren kompletten Strombedarf in Zukunft durch erneuerbare Energien abdecken können, muss noch einiges passieren.
00:00:19: Auch in der Effizienz von vielen der bekannten grünen Wege, um Strom zu erzeugen.
00:00:24: Dafür braucht es herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die für uns alle in diesem Bereich forschen.
00:00:30: Svenja Nerreter ist eine von ihnen und woran genau sie arbeitet, darüber sprechen wir gleich.
00:00:35: Herzlich willkommen an dich, Svenja, und herzlich willkommen an euch alle zum Gasthörer, dem Wissenschaftspodcast der Uni Regensburg.
00:00:43: Ich bin Katharina Herkommer und ich freue mich, dass ihr dabei seid.
00:00:47: Gasthörer
00:00:55: Svenja, du bist 23 Jahre jung, machst gerade dein Master hier an der Uni im Elite-Studiengang Physik und du bist in der Arbeitsgruppe von Professor Rupert Huber am Lehrstuhl für experimentelle und angewandte Physik.
00:01:08: Wie bist du dort gelandet?
00:01:09: Kannst du uns ganz kurz erzählen, wo du herkommst, was du bis jetzt gemacht hast?
00:01:13: Ich komme ursprünglich aus Nürnberg und habe da mein Abi gemacht.
00:01:16: Und in der Oberstufe war ich zum ersten Mal an der Uni Regensburg bei einem Infotag.
00:01:20: Und da habe ich mich direkt super wohl gefühlt und wollte unbedingt hier studieren
00:01:24: und habe dann mit dem Bachelor Physik hier angefangen und dann mit dem Master weitergemacht, nachdem ich für ein Forschungspraktikum in Oxford war.
00:01:32: Klingt ziemlich straightforward.
00:01:34: Deine Fächerwahl ist für eine junge Frau aber leider immer noch etwas ungewöhnlich.
00:01:40: Darüber sprechen wir später noch.
00:01:42: Jetzt fangen wir aber erstmal mit deiner konkreten Arbeit an.
00:01:45: Der Lehrstuhl von Herrn Prof. Huber
00:01:46: macht in letzter Zeit international extrem auf sich aufmerksam, weil ihr euch mit ultraschneller Nanoskopie beschäftigt.
00:01:53: Was ist es genau und wofür braucht man die?
00:01:57: Genau, also wir nutzen diese ultraschnellen, hochauflösenden Mikroskopie-Methoden, um Prozesse zu untersuchen, die gleichzeitig auf Femtosekunden Zeitskalen und auf Nanometer Längenskalen stattfinden.
00:02:10: Ich habe das, Entschuldigung, wenn ich dich unterbreche, aber ich habe das nachgeschaut, weil nicht jeder diese kleinen Zahlen kennt und die mich sehr beeindruckt haben.
00:02:17: Also ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter und eine Femtosekunde sind 0,000000000000001 Sekunden.
00:02:30: Also eine Billiardstel Sekunde, damit ihr euch das vorstellen könnt, in welchen Mini-Mini-Auflösungen wir uns da bewegen.
00:02:37: Erzähl weiter, bitte, Entschuldigung.
00:02:38: Genau, also das ist wirklich unvorstellbar kurz.
00:02:40: Es fasziniert mich auch jeden Tag, wie kleine und kurze Prozesse man da auflösen kann.
00:02:45: Und wir nutzen dann diese Methoden, um neuartige Quantenmaterialien zu untersuchen.
00:02:52: Also Materialien, die für zukunftsweisende Nanotechnologie relevant werden könnten.
00:02:58: Zum Beispiel für noch kleinere und effizientere LEDs, Transistoren, atomar dünne Elektronik.
00:03:07: Und warum genau hat man jetzt bei einem Mikroskop eine Auflösung in Sekunden?
00:03:10: Weil normalerweise ist doch ein Mikroskopbild einfach ein Bild?
00:03:13: Wir können quasi Zeitlupenfilme von solchen ultraschnellen Prozessen erzeugen, was zum Beispiel relevant ist, um die Ladungsträgerdynamik in neuartigen Materialien zu untersuchen,
00:03:23: um wirklich auf der fundamentalsten Ebene die Prozesse zu untersuchen, die die Eigenschaften dieser Materialien ausmachen, um die dann in der Zukunft hoffentlich präzise und systematisch maßschneidern zu können für solche Anwendungen.
00:03:39: Ich muss mir das ja immer so bildlich vorstellen.
00:03:41: Also man hat da kleinste Teilchen und die flitzen in einem Element herum oder in einem Stoff.
00:03:48: Und dadurch, dass ihr das so hoch auflösen könnt, könnt ihr die Bewegung von diesen Teilchen anschauen.
00:03:53: Oder wie muss ich mir das vorstellen?
00:03:55: Zum Beispiel. Also die Bewegung von Elektronen wäre ein Prozess, den wir mit unseren Methoden anschauen können.
00:04:01: Und um diese ultra kurzen Zeitskalen zugänglich zu machen, braucht man wirklich ganze Laseralabore, wo die Laserimpulse selbst im Bereich von Femtosekunden liegen, also extrem kurz sind.
00:04:12: Du hast gerade schon ein paar Anwendungsbeispiele für Nanotechnologien erwähnt.
00:04:17: Die kommen schon in Computern, in Smartphones, in Autos vor.
00:04:20: Es ist ein ganz, ganz wichtiger und zukunftsweisender Forschungsbereich.
00:04:25: Und dass dieser Forschungsbereich nicht nur hier an der Uni Regensburg, sondern auch von der Politik extrem wichtig genommen wird, zeigt der ultra-high-tech-Forschungsbau,
00:04:31: der dafür gerade hier auf dem Campus entsteht, das Regensburg Center for Ultrafast Nanoscopy, kurz RUN.
00:04:40: Du hast mir gesagt, dass du gern dort promovieren würdest, wenn alles klappt und es bis dahin fertig und eingeweiht ist.
00:04:45: Für die, die vielleicht noch nichts drüber gelesen oder gehört haben, was ist denn das RUN genau?
00:04:50: Ja, mit dem RUN entsteht hier ein ganzes interdisziplinäres Forschungszentrum, was sich der ultraschnellen Nanoskopie widmet.
00:04:57: Und das Ziel ist, ganz fundamentale Prozesse zu untersuchen, die zum Beispiel chemischen, biologischen oder auch physikalischen Prozessen zugrunde liegen.
00:05:06: Und zum Beispiel direkt Zeitlupenfilme von chemischen Reaktionen zu erzeugen oder von Photosynthese oder auch Prozessen, die für Quantencomputer verwendet werden könnten.
00:05:18: Und diese Zeit- und Längenskalen und Prozesse, die auf diesen stattfinden,
00:05:21: passieren natürlich sowohl in der Chemie als auch in der Biologie und in der Physik.
00:05:26: Und gerade an der Schnittstelle von diesen Wissenschaften wird es dann interessant,
00:05:30: weshalb im Run sowohl die Chemie, Physik als auch Biologie vertreten sein wird.
00:05:35: Also die Interdisziplinarität wird da ganz groß geschrieben.
00:05:39: Das ist spannend und auch wirklich nicht alltäglich, dass man so denkt, dass man jetzt nicht für einen Fachbereich oder eine Fakultät ein Gebäude baut, sondern für eine Anwendung sozusagen.
00:05:48: Und sagt, okay, das interessiert Forschende aus der Biologie, aus der Physik oder der Chemie gleichermaßen, weil es für alle spannend ist, diese kleinsten Teilchen anzuschauen.
00:05:56: Also ihr guckt ins Mikroskop und seht dann da kleine Teilchen rumflitzen.
00:06:00: Was bringt euch das?
00:06:02: Ja, also nur wenn man diese ganz fundamentalen Prozesse wirklich im Detail versteht, kann man dann auch sie maßschneidern und nutzen für Anwendungen in der Zukunft.
00:06:12: Ihr arbeitet aber jetzt ja auch schon mit extrem hochauflösenden Mikroskopen und schaut euch Prozesse an.
00:06:18: Was ist dann jetzt das Besondere am RUN? Was ist da anders? Was ist da neu?
00:06:22: Also im Run gibt es ein unterirdisches Laborgebäude, das wirklich ja entkoppelt ist von den Vibrationen vom Rest des Gebäudes, was absolut notwendig ist, wenn man solche extrem kleinen Zeitlupenfilme erzeugen will, damit das Ganze nicht verwackelt quasi.
00:06:41: Also ein unscharfes Bild hättet ihr, wenn ein Auto drüber fährt und...
00:06:44: Genau.
00:06:45: Ah ja, also freust du dich auf eine Doktorarbeit, die du unterirdisch verbringen wirst?
00:06:50: Ja, also ich finde es ist ein wahnsinnig spannendes Projekt und ich freue mich schon darauf, ein Teil von diesem riesen Forschungszentrum zu sein in meiner Promotion.
00:06:56: Das ist alles noch ein bisschen Zukunftsmusik.
00:06:59: Du bist ja jetzt erstmal noch im Master.
00:07:01: Du arbeitest aber jetzt auch schon mit hochauflösenden Mikroskopen, wie du vorher schon gesagt hast.
00:07:05: Und zwar legst du Perowskite darunter.
00:07:08: Und weil das ein entscheidender Teil deiner Arbeit ist und ich als Geisteswissenschaftlerin ehrlich gesagt vorher noch nie von Perowskiten gehört hatte, habe ich meinen Kollegen Jan Kleine gebeten, uns zu diesen Stoffen erstmal ein wenig Backgroundwissen zu liefern.
00:07:24: Ursprünglich bezeichnet der Begriff Perowskit ein bestimmtes Mineral, das in der Natur ziemlich häufig ist.
00:07:29: Es besteht aus drei Elementen:
00:07:31: Aus Calcium, Titan und Sauerstoff.
00:07:34: Perowskite bildet Kristalle, die metallisch aussehen, rot-braun bis schwarz sind und von der Form her einem Würfel ähneln.
00:07:42: Diese Kristalle entstehen vor allem aus titanhaltiger Magma, also überall dort, wo einmal Vulkan-Tätigkeit war.
00:07:49: In Deutschland findet man Perowskit zum Beispiel in der Eifel und am Kaiserstuhl in Südbaden.
00:07:54: Heute wird der Begriff aber deutlich breiter verwendet und bezeichnet eine ganze Gruppe von Materialien, nämlich solche, die eine ähnliche, ganz spezielle Anordnung der Atome in ihren Kristallen haben, wie das ursprüngliche Mineral, die Perowskit-Struktur.
00:08:08: Dabei sind die Atome regelmäßig in einem bestimmten, würfelförmigen 3D-Gitter angeordnet.
00:08:13: Die Gitterplätze können aber von den verschiedensten Elementen besetzt werden.
00:08:17: Stoffe mit einer solchen Struktur sind für die Wissenschaft hoch interessant.
00:08:21: Es gibt die unterschiedlichsten Forschungsfelder und Einsatz Ideen für Perowskite.
00:08:26: Zum Beispiel haben die beiden Physiker Bednorz und Müller den Nobelpreis bekommen, weil sie in den 1980er Jahren damit den ersten Hochtemperatursupraleiter der Welt hergestellt haben.
00:08:36: Daraus entstehen zum Beispiel Kabel, die fünfmal so viel Strom transportieren können, wie gleich dicke Kabel aus Kupfer oder Aluminium.
00:08:43: Andere Perowskite sind perfekt geeignet für medizinische Implantate.
00:08:47: Seit etwa zehn Jahren erlebt aber vor allem eine Untergruppe einen regelrechten Boom:
00:08:52: Metallhalogenid-Perowskite.
00:08:54: Sie können in neuartigen Leuchtioden oder Lasern zum Einsatz kommen.
00:08:58: Forschende in der Schweiz versuchen gerade aus diesen Materialien einen ganz neuen Farbsensor für Digitalkameras zu entwickeln, der eine höhere Auflösung und mehr Lichtempfindlichkeit versprechen würde.
00:09:09: Das Hauptanwendungsgebiet dieser Perowskite ist aber die Photovoltaik.
00:09:13: Überall auf der Welt forschen gleichzeitig Menschen daran, den Bau von Solarzellen mit Hilfe von Perowskiten ganz neu zu denken.
00:09:20: Würde das gelingen, könnte diese Form der erneuerbaren Energien mit einem Schlag einen riesigen Sprung nach vorne machen.
00:09:30: Svenja, du beschäftigst dich in deiner Masterarbeit genau damit, mit Photovoltaik, beziehungsweise damit, Solarzellen neu zu denken.
00:09:38: Sag erst mal, wie ist denn da gerade der Status quo?
00:09:40: Also wie funktionieren Solarzellen bisher und woran hakt es da?
00:09:44: Also Solarzellen funktionieren ja so, dass durch Sonneneinstrahlung Elektronen Energie zugeführt wird.
00:09:50: Und diese Elektronen, die müssen dann zu Elektroden transportiert werden, um eine Spannung zu generieren.
00:09:57: Und genau da ist in den letzten Jahren dieses Material der Perowskite aufgekommen, was in nur zehn Jahren Forschung wirklich sagenhafte Effizienzen erreicht hat.
00:10:07: Und inzwischen sind diese Effizienzen schon vergleichbar mit Silizium-Solarzellen, die aber schon 50 Jahre länger erforscht werden.
00:10:14: Das heißt, warum hat man nach neuen Stoffen gesucht?
00:10:17: Also gab es eine Grenze, wo man bei den Silizium-Solarzellen jetzt nicht weitergekommen ist in der Effizienz?
00:10:21: Oder warum hat man sich auf die Suche nach neuen Stoffen gemacht?
00:10:24: Genau, also Silizium nähert sich auf jeden Fall einer fundamentalen Grenze von den Effizienzen, die man erreichen kann.
00:10:30: Und außerdem haben diese Perowskite wirklich riesige Vorteile gegenüber Silizium, nämlich können sie sehr viel günstiger produziert werden.
00:10:39: Sie können zum Beispiel gesprayed oder gedruckt werden.
00:10:42: Moment, ich unterbreche dich.
00:10:43: Gesprayed oder gedruckt, was bedeutet das?
00:10:46: Also das Material kann wirklich direkt auf Substrate aufgesprüht oder gedruckt werden und das Ganze bei sehr viel niedrigeren Temperaturen als Silizium, was bedeutet, dass die Produktion sehr viel günstiger und energieeffizienter ist.
00:11:01: Und außerdem absorbieren Perowskite deutlich besser als Silizium, was bedeutet, dass man die sehr dünn machen kann und damit sehr leichtgewichtig und zum Beispiel auch auf flexible Substrate aufbringen kann.
00:11:13: Und damit kann man sich dann wirklich die futuristischsten Anwendungen überlegen.
00:11:17: Zum Beispiel könnte man die in Gebäudefassaden integrieren, auf Transportmitteln aufbringen oder auch auf Kleidung.
00:11:25: Also das heißt, dass ich mir eine Schirmmütze aufsetze, auf der dann vorne ein bisschen Solarzelle drauf ist oder ein Zelt mit Solarzellen drauf oder wie?
00:11:33: Genau, das wäre auf jeden Fall ein Szenario, was Wirklichkeit werden könnte.
00:11:37: Wahnsinn.
00:11:38: Aber du hast gesagt, mit der Effizienz ist es jetzt schon so, dass die eigentlich die Solarzellen aus Silizium eingeholt haben.
00:11:46: Es wird ja aber wahrscheinlich noch die eine oder andere Baustelle geben oder Probleme, die ihr lösen müsst, weil sonst wären die ja schon längst auf dem Markt, Perowskit-Solarzellen, oder?
00:11:55: Eine wichtige, offene Fragestellung ist, wie genau dieser Ladungsträgertransport passiert in Perowskiten.
00:12:01: Weil, wie ich schon gesagt habe, eine Solarzelle basiert darauf, dass Elektronen nach der Anregung durch die Sonneneinstrahlung zu Elektroden transportiert werden.
00:12:10: Also ist der Ladungsträgertransport wirklich ganz maßgebend.
00:12:14: Aber, obwohl die Effizienzen jetzt schon so hoch sind, sind die zugrundeliegenden Mechanismen auf der Nanoskala noch nicht ganz ausreichend verstanden.
00:12:22: Und das liegt vor allem daran, dass Perowskite nanokristalline Materialien sind.
00:12:27: Also Materialien, die nicht aus einem durchgehenden Kristall bestehen, sondern aus mehreren Körnern.
00:12:34: Und wie genau dann die Elektronenbewegung an diesen Grenzen zwischen diesen Körnern zum Beispiel stattfindet, das ist nicht so genau verstanden.
00:12:42: Und genau das schauen wir uns zum Beispiel an, weil unsere Methoden da perfekt geeignet sind.
00:12:47: Einerseits können wir die Längenskalen von diesen Körnern und Korngrenzen auflösen.
00:12:52: Andererseits können wir direkt den Ladungsträgern zuschauen, wie sie sich bewegen, nachdem man sie angeregt hat.
00:12:58: Super spannend. Das heißt, ihr versucht, die Bewegungen zu verstehen
00:13:02: und je genauer ihr die versteht, desto besser könnt ihr daraus ableiten, was man machen müsste, um die Solarzelle effizienter zu bekommen.
00:13:09: Hab ich das richtig verstanden?
00:13:10: Genau, einerseits die Effizienzen und ein anderer großer Punkt, der quasi oder eine Herausforderung, die noch bewältigt werden muss, bevor man das Ganze kommerzialisieren kann, ist die Stabilität von Perowskit-Solarzellen.
00:13:22: Nämlich leiden die sehr unter Umwelteinflüssen derzeit und degradieren schnell, wenn man die zum Beispiel an Luftfeuchtigkeit bringt.
00:13:30: Das heißt, die verrotten, oder wie?
00:13:32: Ja, so in der Art.
00:13:34: Genau, und da ist auf jeden Fall auch noch Forschung nötig, um die resistenter gegenüber diesen Umwelteinflüssen zu machen.
00:13:42: Wie muss ich mir das denn vorstellen, wie sieht deine Arbeit aus?
00:13:45: Sitzt du am Computer oder sitzt du im Labor oder was machst du?
00:13:48: Also am Anfang von so einem Projekt entscheiden wir zusammen mit unseren Kollaboratoren, in dem Fall aus Oxford, was die offenen Fragestellungen sind und was wir unbedingt noch beantworten müssen.
00:13:59: Und dementsprechend entwerfen wir dann Experimente oder entscheiden uns für Proben, die wir untersuchen wollen.
00:14:05: Und die werden dann in dem Fall in Oxford produziert und uns dann zugeschickt.
00:14:09: Die packen wir dann aus und untersuchen die dann in dem Laser-Labor.
00:14:12: Das sind also unterschiedliche Perowskite dann, die aus unterschiedlichen Stoffen bestehen oder so?
00:14:17: Ja, zum Beispiel.
00:14:18: Ihr seid nicht die Einzigen, die gerade daran forschen.
00:14:21: Wir haben es vorher schon gehört, es gibt Menschen weltweit, die entweder in Unternehmen oder an Universitäten genau an diesem Thema forschen, also Perowskite für Photovoltaik zu nutzen.
00:14:31: Das heißt, da gibt es eigentlich so einen richtigen Wettbewerb, wer als Schnellster da mit den besten Ergebnissen oder Erfindungen rauskommt.
00:14:39: Wie ist denn das so für dich? Arbeitet man da auch unter Druck?
00:14:42: Spürst du das in deiner Arbeit? Stresst dich das?
00:14:47: Also, es ist ja komplett berechtigt, dass dieses Thema so beliebt ist, weil es wirklich potenziell die Photovoltaik und die ganze Gesellschaft revolutionieren könnte.
00:14:56: Und das ist auch genau das, was mir so gut gefällt an dem Thema, dass es genau an der Schnittstelle ist zwischen ganz fundamentaler Grundlagenforschung und der grünen Technologie von morgen.
00:15:07: Ist das für dich in deinem Leben ein Thema?
00:15:09: Ich meine, wir hören ja jetzt immer die Next Generation, die sich eben für Umwelt einsetzt.
00:15:13: Also sind solche Umweltthemen für dich auch in deinem Privatleben wichtig?
00:15:19: Ja, auf jeden Fall. Also ich glaube, dass wir sehr viel mehr für den Klimaschutz tun müssen.
00:15:25: Ich bin auf dich aufmerksam geworden, weil du vor kurzem zur Optica Women Scholar gekürt wurdest.
00:15:30: Dafür wurdest du aus einem weltweiten Feld von herausragenden jungen Frauen ausgewählt, die sich in ihrem Studium mit Optik und Photonik beschäftigen.
00:15:39: Hättest du damit gerechnet, dass du diese Auszeichnung bekommst?
00:15:43: Nee, auf keinen Fall.
00:15:44: Also da haben sich wirklich weltweit richtig viele Leute beworben.
00:15:47: Und ich konnte das gar nicht glauben, als ich dann die Mail bekommen habe, dass ich auch auserwählt wurde, ja.
00:15:53: Die Auszeichnung wird von der Optica, der Optical Society of America vergeben, die Forschung in Optik und Photonik voranbringen will.
00:16:00: Seit letztem Jahr fördert sie mit den Women Scholars gezielt junge Frauen in diesem Bereich.
00:16:05: Warum das notwendig ist, also Frauen in der Physik und in den Naturwissenschaften ganz allgemein zu stärken, dazu nochmal mein Kollege Jan Kleine, diesmal mit ziemlich vielen Zahlen.
00:16:19: Obwohl es schon in der Antike aktive Wissenschaftlerinnen gab, waren Frauen an den Universitäten der frühen Neuzeit bis auf wenige Ausnahmen nicht zugelassen.
00:16:27: Das änderte sich nach und nach ab dem späten 19. Jahrhundert,
00:16:31: aber erst seit den 1970er Jahren wird wirklich aktiv ein Schlaglicht auf die Situation von Frauen in wissenschaftlichen Berufen gerichtet.
00:16:38: In der Physik kam das Thema Geschlechtergerechtigkeit um die Jahrtausendwende stärker in den Fokus.
00:16:43: 1997 fand die erste Physikerinnen-Tagung der deutschen physikalischen Gesellschaft statt.
00:16:49: 1998 gründete sich der DPG Arbeitskreis Chancengleichheit.
00:16:53: 2002 die Women Physics Group der European Physical Society.
00:16:57: Seit 2000 werden in den offiziellen Studierendenzahlen junge Männer und junge Frauen in der Physik differenziert betrachtet.
00:17:03: Und es gibt zahlreiche Initiativen, die Mädchen und junge Frauen dazu ermutigen wollen, Physik zu studieren.
00:17:09: Die Realität ist aber eine andere.
00:17:12: Die neuesten Zahlen der Konferenz der Fachbereiche Physik aus dem Jahr 2022: In reinen Physikstudiengängen waren fast vier von fünf Bachelorabsolventen männlich.
00:17:22: Beim Master sieht es ähnlich aus:
00:17:23: Nur etwa 23 Prozent der Abschlüsse gingen an Absolventinnen.
00:17:28: Analog ist es weiter oben auf der Karriereleiter.
00:17:30: Etwa vier von fünf neu erlangten Doktorgraden in der Physik gingen 2022 an Männer.
00:17:36: Interessant dabei ist, dass Deutschland anscheinend weniger Physikerinnen hervorbringt als andere Länder.
00:17:41: Schaut man nur die internationalen neu Promovierten an deutschen Universitäten an, waren davon immerhin 31 Prozent Frauen.
00:17:48: Der Frauenanteil unter den neu Promovierten mit deutschem Pass dagegen lag bei nur 17 Prozent.
00:17:54: Die DPG schreibt dazu in ihrer Vorstellung der jährlichen Zahlen:
00:17:57: "Auch wenn der deutsche Hochschulraum international und offen ist, bleibt es eine irritierende Beobachtung, dass junge Frauen mit deutschem Pass offenbar signifikant seltener in Physik promovieren als Frauen aus dem Ausland."
00:18:10: 2014 waren 10,4 Prozent der Professorinnen in Physik und Astronomie weiblich.
00:18:16: 2019 waren es in den Naturwissenschaften allgemein dann immerhin schon rund 20 Prozent, im Vergleich zu fast 40 Prozent in den Geisteswissenschaften.
00:18:25: Auch wenn es also einen langsamen Aufwärtstrend gibt, junge Frauen, die im Moment an deutschen Unis in den Naturwissenschaften studieren, fehlt es vielerorts noch an erfolgreichen und etablierten weiblichen Vorbildern.
00:18:42: Stimmt das? Erlebst du das auch so, Svenja, dass es an Vorbildern fehlt?
00:18:46: Ja, auf jeden Fall.
00:18:47: Also in der Physik ist es leider immer noch keine Seltenheit, dass man die einzige Frau im Raum ist und dass es ganz starre Stereotype gibt.
00:18:54: Das sehe ich auch immer, wenn ich Leuten erzähle, dass ich Physik studiere.
00:18:57: Die sind immer ganz ungläubig und sagen so etwas wie: Das hätte ich gar nicht gedacht, so siehst du gar nicht aus.
00:19:04: Ich glaube, dass auf jeden Fall noch mehr Vorbilder gebraucht werden, um solche starren Rollenbilder aufzubrechen.
00:19:12: Und wozu führt es, dass man keine Role Models hat, keine Frauen da sieht in irgendwelchen Führungspositionen oder Professuren oder wie auch immer?
00:19:21: Ja, zum Beispiel also ich selbst hätte fast nicht Physik studiert, weil ich diese Stereotype auch so verinnerlicht hatte und Zweifel hatte, ob ich das überhaupt schaffe.
00:19:30: Und ich hoffe, dass durch solche Programme wirklich noch mehr jungen Frauen gezeigt wird, dass es auch für sie einen Platz in der Wissenschaft gibt.
00:19:36: Und ich denke auch immer drüber nach, wie viele Einsteins und Newtons wir wahrscheinlich verloren haben, einfach weil sie nicht das richtige Geschlecht hatten, um zu forschen.
00:19:45: Und ich glaube, wenn wir wirklich jedes Talent gefördert hätten, würden wir jetzt in einer so futuristischen Welt leben, dass wir uns das gar nicht vorstellen können.
00:19:52: Deswegen glaube ich, ist es wirklich wichtig, eine inklusivere Wissenschaftsgemeinschaft zu schaffen, in der alle mitdenken.
00:19:59: Ich springe noch mal ganz kurz einen Schritt zurück.
00:20:00: Du hast vorher gelacht oder wir haben beide gelacht, zu dem Punkt, dass Leute sagen, du siehst gar nicht aus wie eine Physikerin.
00:20:07: Aber eigentlich ist es ja gar nicht zum Lachen.
00:20:08: Also ärgert dich das auch manchmal?
00:20:10: Bist du frustriert über solche Vorurteile?
00:20:13: Ja, auf jeden Fall.
00:20:14: Und ganz viele bringen auch immer den Witz, ja, dann kannst du ja Bundeskanzlerin werden.
00:20:19: Und ja, das finde ich eher ein bisschen problematisch, dass Angela Merkel offensichtlich die einzige weibliche Physikerin ist, die den Leuten einfällt.
00:20:28: Und es zeigt auf jeden Fall, dass wir mehr Vorbilder in der Physik brauchen.
00:20:32: Und hast du eine Theorie? Also ich meine, du wirst ja wahrscheinlich auch mit anderen Mädels oder jungen Frauen trotzdem in deinem Fachbereich manchmal drüber sprechen,
00:20:39: hast du oder habt ihr Theorien, welche Gründe seht ihr dafür, dass es tatsächlich nach wie vor weniger Frauen gibt, die jetzt anfangen, Physik zu studieren?
00:20:45: Du hast einen schon genannt, die Vorbilder.
00:20:47: Gute Frage. Ich denke, dass das Bild von einem Physiker ganz klar davon geprägt ist, dass der Beruf einfach seit Jahrtausenden Männer dominiert ist.
00:20:57: Und dass das der Hauptgrund dafür ist, dass es immer noch diese Stereotype gibt und viele junge Frauen sich einfach gar nicht in dem Beruf sehen können.
00:21:05: Du hast gesagt, du hättest dich fast auch nicht getraut, Physik zu studieren.
00:21:09: Du hast es dann aber doch gemacht. Warum?
00:21:12: Also was hat dich damals begeistert und was begeistert dich jetzt heute noch?
00:21:16: Warum liebst du die Physik so sehr?
00:21:18: Also schon in der Schule fand ich es richtig faszinierend, wie grundlegend man in der Physik die Welt hinterfragt und auch Dinge, die ganz selbstverständlich erscheinen.
00:21:27: Und ich finde es auch immer noch beeindruckend, wie präzise und abstrakt die Menschheit es geschafft hat, wirklich durch Mathematik das Universum zu beschreiben.
00:21:36: Und deswegen war das immer in meinem Hinterkopf.
00:21:38: Und nach der Schule dachte ich mir dann einfach, ich muss das jetzt ausprobieren.
00:21:43: Du bist offensichtlich mit Leib und Seele Forscherin.
00:21:46: Findest du sowas wie die Auszeichnung als Women Scholar da denn tatsächlich gut?
00:21:51: Weil ich habe mich gefragt, vielleicht hättest du auch einfach lieber nur Optica Scholar werden wollen als Optica Women Scholar.
00:21:57: Ja, also klar würde ich mir wünschen, dass wir schon eine inklusive Wissenschaftsgemeinschaft hätten und es gar nicht nötig wäre.
00:22:04: Aber wie wir gehört haben, zeigt die Statistik einfach, dass wir noch nicht ganz da sind.
00:22:07: Deswegen glaube ich, dass sowas wichtig und richtig ist, um mehr Sichtbarkeit von Frauen zu schaffen.
00:22:13: Du sagst, es ist wichtig, diese Aufmerksamkeit zu bekommen.
00:22:16: Wie schaut es denn in deiner konkreten Situation hier an der Uni in Regensburg aus?
00:22:19: Wie ist es in deinem Lehrstuhl?
00:22:20: Hast du viele weibliche Kollegen?
00:22:22: Und wie steht es um die Anerkennung durch deine Kolleginnen und Kollegen?
00:22:25: Also ich habe zwar überwiegend jetzt männliche Kollegen, aber ich fühle mich super wohl in dem Arbeitsumfeld und fühle mich auch immer ernst genommen.
00:22:31: Also musst du jetzt nicht mehr kämpfen als die anderen?
00:22:35: Ja.
00:22:36: Hoffentlich.
00:22:37: Diese Auszeichnung ist ja auch mit einer schönen Summe Geld verbunden, die du für deine Forschung verwenden kannst.
00:22:42: Wofür gibst du es aus? Was sind deine Pläne?
00:22:45: Ich werde mit dem Geld ein Forschungspraktikum in Korea finanzieren, am Center for Quantum Nanoscience an der Ewha Women's University in Seoul.
00:22:54: Da werde ich dann nach meinem Master ein Praktikum machen, bevor ich dann mit meiner Promotion beginne.
00:22:59: Ich wünsche dir ganz viel Spaß in Seoul, noch bist du eine Weile hier.
00:23:02: Ganz herzlichen Dank, dass du heute hier bei uns im Studio warst.
00:23:05: Es war super spannend für mich und ich hoffe, es hat dir auch Spaß gemacht, uns in deine Welt reinschnuppern zu lassen.
00:23:11: Wenn es euch gefallen hat, liebe Hörerinnen und Hörer, abonniert den Gasthörer doch einfach direkt, falls ihr es noch nicht gemacht habt, und empfehlt uns gerne weiter.
00:23:18: Ich bin Katharina Herkommer und ich sage, bis zum nächsten Mal mit einem neuen, spannenden Gast und seiner oder ihrer Forschung hier an der Uni Regensburg.
00:23:25: Tschüss, liebe Gasthörerinnen und Gasthörer.
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